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(Quelle: Instagram, Original unverpixelt)

Frauendarstellungen in rechtsextremer Online-Propaganda

(Quelle: Instagram, Original unverpixelt)

 

Ob als sorgende Mutter, traditionelle Hausfrau, „nordische“ Frau in romantisierten Naturlandschaften oder nationalistische Aktivistin – rechtsextreme Propaganda arbeitet mit verschiedenen Frauenbildern. Vermittelt werden dabei gezielt oder nebenbei Ideale der Weiblichkeit als Teil völkisch-nationalistischer Weltsicht oder ideologische Vorstellungen von vermeintlich natürlichen Rollen und Einteilungen von Mann und Frau. Dies kann sich negativ auf die Entwicklung von jungen Menschen hinsichtlich ihrer eigenen Identität sowie ihrer Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen auswirken. So etwa, wenn Gleichwertigkeit und -berechtigung infrage gestellt oder gar bekämpft werden. Wichtig allerdings: Konservative Geschlechter- und mithin Frauenrollenbilder sowie Geschlechterkategorien sind an sich nicht illegitim oder extremistisch. Problematisch werden sie, wie andere Vorstellungen, jedoch besonders in der Verknüpfung mit demokratie- und menschenfeindlichen, z.B. rassistischen, Weltbildern.

Im Zuge der Auswertung von Hetz- und extremistischen Propaganda-Inhalten im Netz hat sich jugendschutz.net als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz mit der Darstellung von Frauen v.a. in Form von Memes und Sharepics befasst und sich neben der inhaltlichen Einordnung auf formal-ästhetische Aspekte konzentriert.

Eine beliebte Form der Ästhetisierung rechtsextremer Propaganda v.a. auf dem bildzentrierten Dienst Instagram ist die Darstellung junger, weißer, normschöner Frauen in einer idealisierten Naturumgebung. Von der alltäglichen Lebenswelt losgelöst werden extremistische Inhalte hier geschickt in ein Reich von Naturkräften und idealisierter Wildnis, von Visionen, Fantasien und Tagträumen versetzt.

Der Rückgriff auf diese Darstellungsart ist nicht nur der Versuch, die Botschaften in auf den ersten Blick harmlose Naturidylle zu verlagern, sondern auch, rechtsextremes Gedankengut als traditionell darzustellen. Zentrales Bildmotiv ist hier die Frau als naturnahes Wesen. Das schlägt die Brücke von einer unpolitischen Instagram-Ästhetik (z.B. Selbstinszenierungen in Urlaubsumgebungen) in eine rechtsextreme Gedankenwelt. Die weichgezeichnete, verklärte Visualisierung steht oft im krassen Gegensatz zu den expliziten Textbotschaften. Statements wie solche zur „Reinheit“ des Blutes verweisen auf die rassistische Ideologie einer Überlegenheit der weißen „Rasse“.

Auch die Rolle der Mutter wird gezielt genutzt und thematisiert, ganz im Sinne traditionalistischer rechtsextremer Weltsicht, die eine klare Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau vollzieht.  Mutterschaft wird dabei eine besondere Relevanz zugeschrieben: „Deutsche“ Frauen sollen möglichst viele Kinder mit „deutschen“ Männern bekommen und so dem vermeintlichen „Bevölkerungsaustausch“ entgegenwirken.  Der hier im Beispielbild dargestellten Frau wird die Rolle als Hüterin der Familie zugedacht. Mit dem Bildtext „You are my career“ in persönlich anmutender („Hand“-)Schrift wird Mutterschaft als Gegenentwurf zur beruflichen Karriere gesetzt. Es fällt auf, dass die abgebildeten Mütter – so wie Frauen in diesen Inhalten generell – stets gängigen Schönheitsidealen entsprechen und somit idealtypische Projektionsflächen bieten.
 

Der Wunsch nach traditionellen Rollenbildern verwirklicht sich unter anderem unter dem Hashtag Tradwives im Stil der 50er Jahre. Frauen tragen lange Röcke, Petticoats, High Heels und frisieren ihre Haare zu gewellten Hochsteckfrisuren. Die Social-Media-Posts romantisieren ihre Hausarbeit. Entsprechende Reklameanzeigen oder sonstige stereotype Bilder jener Jahre werden gefeiert. Die meisten Inhalte der Tradwife-Bewegung sind stark konservativ ausgerichtet, bewegen sich aber im demokratischen Rahmen. Problematisch sind allerdings Inhalte, die die Figur des Tradwives überhöht oder ironisch für die Illustration oder Versinnbildlichung rechtsextremer bzw. rassistischer Aussagen nutzen. So etwa, wenn bei einem Bild der Wäsche waschenden Hausfrau einer Werbung aus den 1950er Jahren neben der offensichtlichen Bedeutung des Wäschewaschens die rassistische Bedeutung der White Supremacy mitschwingt: Als weiße Person solle man sich nicht mit Schwarzen oder anderen Ethnien „mischen“. Der entsprechende Schriftzug ist dabei so aufbereitet, dass er wie ein ursprünglicher Teil der Werbung wirkt bzw. wirken soll. Die Kommentare deuten darauf hin, dass die Botschaft von Gleichgesinnten entsprechend verstanden wurde.

Neben der Mutter und sorgenden Hausfrau findet sich im Rechtsextremismus immer mehr die Figur der jungen „rechten“ Aktivistin, die politische Statements verbreitet, an Demonstrationen oder sogar Wehr- und Kampfsportübungen teilnimmt.

Die rechtsextreme Szene versucht so, freundlicher und moderner zu wirken und Anschluss- wie Identifikationsmöglichkeiten für Mädchen und junge Frauen zu bieten. Hier im Beispielbild wird Gewalt gegen Frauen instrumentalisiert und für die Bestätigung der eigenen rassistischen Weltanschauung genutzt. Der Slogan „Female Lives Matter“ wird der Antirassismus-Bewegung „Black Lives Matter“ gegenübergestellt und angeprangert, dass die „eigenen“ Opfer vernachlässigt würden. Es werden nur (v.a. sexualisierte) Gewalttaten angeführt, die von vermeintlich nichtdeutschen Tätern begangen wurden.

Diese verschiedenen Beispiele zeigen, wie rechtsextreme Propaganda betrieben wird und zugleich Identifikationsangebote für Jugendliche eröffnet werden. Zum Einsatz kommen dabei Mittel der Ästhetisierung und Inszenierungsstrategien, die auf Instagram und anderen populären Social-Media-Diensten üblich sind, welche primär auf die Veröffentlichung von Bildinhalten und der Selbstpräsentation ihrer Nutzer:innen ausgerichtet sind.

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