Was macht die App so besonders?
BeReal wirbt damit, mehr Wert auf Authentizität zu legen, Kontakt zu Freunden „in echt“ zu bieten und „kein weiteres soziales Netzwerk“ zu sein. Im Mittelpunkt steht das Posten von Fotos.
Anders als bei anderen Social-Media-Diensten, ist dies bei BeReal nur nach Aufforderung einmal täglich möglich. Per Benachrichtigung weist die App darauf hin, dass innerhalb von zwei Minuten ein Foto aufgenommen und geteilt werden soll. Wer zu spät ist, kann zwar trotzdem posten, das Foto wird dann aber als “late” markiert. Die Bilder werden mit Front- und Rückkamera aufgenommen und als Bild-in-Bild veröffentlicht. Es gibt keine Filter oder andere Möglichkeiten der Bildbearbeitung. Das enge Zeitfenster soll für eine authentische und nicht gestellte Momentaufnahme sorgen. Vor dem Posten lassen sich noch eine Beschreibung und ein Standort hinzufügen.
Nicht unbedenklich für junge User:innen
BeReal macht einiges anders und versteht sich als Alternative zu den etablierten Social-Media-Diensten. Mit dem Verzicht auf Filter und Bildbearbeitung verkauft sich die App als Gegenentwurf zu Instagram, dessen Schönheitsideale, Selbstinszenierungen und Fakes immer neue Debatten auslösen. Die Beschränkung auf nur ein Foto pro Tag knüpft an Diskussionen um Suchtpotentiale von Social Media an. Laut eigener Aussage gibt es in der App keinen sozialen Druck und keine sozialen Vergleiche.
Trotz dieser positiven Ansätze und Selbstdarstellung ist BeReal für Kinder und Jugendliche nicht unbedenklich. Die Funktionen der App können bei jungen Nutzer:innen Druck auslösen und sie zu unüberlegtem Handeln verleiten.
Interaktionsdesgin verführt zu unüberlegtem Posten
Wer die Beiträge von Freund:innen und anderen Nutzer:innen sehen will, muss selbst Bilder veröffentlichen. Beiträge können auf entweder nur für Freund:innen oder im “Discovery-Tab” für alle Nutzer:innen einsehbar gepostet werden.
Die Aufforderung der App, zu einem zufälligen Zeitpunkt und innerhalb des begrenzten Zeitfensters ein Bild zu posten, kann Stress auslösen. Je nach Zeitpunkt können Jugendliche dazu verleitet werden, Bilder von Situationen zu veröffentlichen, die nicht für die Öffentlichkeit geeignet sind. Zusätzlicher Druck entsteht durch das Versprechen von Bonus-Fotos: Wer innerhalb des zweiminütigen Zeitfensters postet, erhält die Möglichkeit, bis zur nächsten Aufforderung zwei weitere Bonus-Fotos zu beliebigen Zeitpunkten zu veröffentlichen.
Wer das Foto wieder löscht, kann zwar noch einmal posten – das neue Foto wird dann aber als zu spät markiert. Wer nur löscht und nichts mehr postet, kann bis zur nächsten Aufforderung die Beiträge anderer nicht mehr sehen und verpasst unter Umständen etwas.
Wird ein Screenshot vom eigenen Beitrag gemacht, erhält die postende Person eine Benachrichtigung. Möchte diese nachvollziehen, wer den Screenshot gemacht hat, muss das eigene Bild in anderen Social-Media-Diensten oder Messengern teilen. In puncto Datenschutz ist diese Funktionsweise nicht unbedenklich.
Zuverlässige Reaktion auf Usermeldungen
Im Rahmen einer Recherche identifizierte jugendschutz.net 74 Verstöße gegen Jugendmedienschutzbestimmungen in Nicknames und Nutzernamen und führte für diese anonym Usermeldungen durch. BeReal reagierte schnell und zuverlässig: Innerhalb einer Woche wurden alle Verstöße entfernt.
Gefahr durch Standortfreigabe
Vor dem Posten des ersten Fotos wird nach der Standortfreigabe gefragt. Einmal akzeptiert, ist die Standortinformation voreingestellt und muss jedes Mal aktiv ausgeschaltet werden. Eine dauerhafte Deaktivierung ist nur über die App-Berechtigungen des Betriebssystems möglich. Hinterlegte Standorte können von allen Nutzer:innen eingesehen werden, bei iOS-Geräten sind die Angaben zudem sehr genau. Auf diese Weise können regelmäßige Aufenthaltsorte von Personen identifiziert werden. Auch bei ungenauen Angaben (nur Stadt) kann anhand markanter Merkmale auf dem Foto (z. B., wenn Gebäude, Straßennamen oder Sehenswürdigkeiten einer Stadt zu sehen sind) auf den Standort geschlossen werden.
BeReal zielt auf eine junge Zielgruppe ab, auf der Website kündigt der Anbieter den weiteren Ausbau der Anwendung an. jugendschutz.net wird die App weiter beobachten.
(Stand: 14.07.2023)